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Danke Wilhelm!

Wilhelm Knobloch; Foto: jodo-foto. Jörg Donecker
Erläuterungen an der Hardtwaldkarte; Foto: Hans Seiler
Radexkursion 2009 zum Forschungszentrum; Foto: Hans Seiler

Wie wir in der letzten Ausgabe nur kurz mitteilen konnten, ist am 1. November 2021 unser Ehrenmitglied Wilhelm Knobloch im Alter von 97 Jahren gestorben. In vielen Medien und Organisationen, in denen er bis vor einigen Jahren engagiert mitarbeitete, gab es nach seinem Tod beeindruckende Aussagen. Sie galten besonders seinem starken Engagement gegen das im Hardtwald entstandene Atomforschungszentrum — verharmlosend Kernforschungszentrum Karlsruhe (KFK) genannt. Er war vielleicht sogar ein Wegbereiter für den 2011 beschlossenen und hoffentlich endgültigen Atomausstieg Deutschlands.

Ich möchte diesen Nachruf eher aus meiner persönlichen Sicht schreiben, da ich seit 1979 Mitglied der BUZO bin und Wilhelm daher schon seit vielen Jahren kannte und begleiten durfte. Das erste Mal traf ich ihn bei einer der jährlichen BUZO-Mitgliederversammlungen. Er war damals schon neben seiner Tätigkeit als Revierförster des Bezirkes Waldstadt beim Kernforschungs-?Zentrums-Arbeitskreis (KfZAK) der BUZO aktiv. 1979 begann der Kampf gegen die geplante Nordtangente durch den Hardtwald. Es wurde ein überparteilicher Verein „Aktion Bürgerentscheid Nordtangente“ (ABN) gegründet, um 35.000 Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen das Projekt zu sammeln. Da die Trasse direkt den Forstbezirk von Wilhelm zerschneiden sollte, war er selbstverständlich mit dabei und wir arbeiteten oft zusammen. Er war auch Begründer der Hardtwaldfreunde als Gegenpol zu den Oberrheinischen Waldfreunden, die unter Bürgermeister Walther Wäldele (SPD) für den Bau der Nordtangente waren.

Wilhelm war kein Forstbeamter, der sein Revier nach Dienstvorschrift „verwaldete“, sondern ihm waren damals schon Zusammenhänge zwischen Umwelt, Natur und Mensch bewusst. Diese ökologischen Beziehungen wollte er in seinem Revier berücksichtigen und aufzeigen. Sein Engagement, das er kämpferisch, wie er nun mal war, verfolgte, fand natürlich nicht überall Verständnis, aber in seinem damaligen Chef, Herrn Forstdirektor Kranich hatte er einen kritischen Unterstützer. Wilhelm lagen besonders die kleinen Bewohner des Waldes am Herzen, die Waldameisen. Nach der Erkenntnis „vom Kleinen zum Großen“, pflegte er diese und legte Ameisenhügel für sie an, zu denen er entlang der Stutenseer Allee Schulexkursionen und Führungen anbot. Ihm ging es immer darum, nicht nur zu tun, sondern auch sein Handeln zu erklären und weiterzugeben. Viele dieser Themen, die heute selbstverständlich sind, waren damals neu und visionär. Ich selbst hatte das Vergnügen, dabei zu sein, und er begeisterte mich mit seinen engagierten Vorträgen, aus denen man richtig heraushören konnte, dass er für das Thema brannte. Ich durfte ihn auch mehrfach in seiner „Dienstwohnung“ westlich der Theodor-?Heuss-?Allee besuchen und erinnere mich noch an den im Winter besonders schönen Blick aus dem großen Wohnzimmer des Forsthauses in den Garten und die hohen Bäume im Hintergrund.

Er wollte immer nicht nur einfach nutzen, sondern auch möglichst naturnah gestalten. So war es auch, als er 1989 in den Ruhestand ging und ein Reiheneckhaus in der Lauenburger Straße bezog. Schon beim Bau erkämpfte er sich Mitspracherecht bei der inneren und äußeren Gestaltung seines Domizils, wie z. B. bei einer großen Öffnung in der Kellergrundplatte zur Verbesserung der Luftfeuchtigkeit oder der Gartengestaltung.

Schon damals waren ihm Nadelbäume als ganzjährige Sauerstoffspender und Garanten für ein besseres Kleinklima wichtig. Er hat mir alles sehr ausführlich erklärt, wie es halt seine Art war.

Die letzte Aktion, an der er trotz seiner beginnenden Sehbehinderung noch teilnehmen konnte, war eine Fahrradexkursion 2009 vom Karlsruher Schloss durch den Hardtwald zum ehemaligen Atomforschungszentrum und der Wiederaufbereitungsanlage. Für den Kampf gegen die Atomanlagen in seinem Wald hat Wilhelm viele Jahre Freizeit und Urlaub geopfert.

Wegen seiner Augenerkrankung war er zunehmend eingeschränkt, nahm aber auch hier den Kampf auf. Er konstruierte an seinen Rollator einen „Köcher“ für Blinden- und Gehstock, mit dem er auch noch die Straßenbahn benutzen und selbständig zu Vorträgen und Veranstaltungen fahren konnte. Ich durfte ihn auch schon mal zum Arzt oder zu besonderen Plätzen in „seinem“ Hardtwald fahren. Später habe ich ihn immer wieder regelmäßig besucht, um ihm Artikel aus dem aktuellen Heft u&v vorzulesen.

Über seinen im Nachhinein vergeblichen Kampf, die Fällung der Nadelbäume auf seinem Kleingartengrundstück „Geroldsäcker“ zu verhindern, möchte ich nicht weiter eingehen.

In weiser Voraussicht hat Wilhelm 2010 zusammen mit Armin Simon, einem Historiker und freien Mitarbeiter der Antiatominitiative „.ausgestrahlt“ sein umfangreiches Archiv geordnet und dem Landesarchiv Baden-Württemberg übergeben. Man kann es unter der Überschrift „Findbuch S Umweltschutz“ im Internet einsehen.

Mitte 2020 musste Wilhelm sein Haus in der Waldstadt nach einem Sturz verlassen und in ein Pflegeheim in Linkenheim-?Hochstetten umziehen, wo ich ihn im April 2021 unter strengen Corona-Bedingungen besuchte. Es ging ihm an diesem Frühlingsnachmittag — wir saßen zusammen an einem kleinen Tisch und die Sonne schien in sein freundlich ausgestattetes Zimmer mit dem Namen „Am Herrenwasser“ — immerhin so gut, dass er mich erkannte und wir auch wenige Sätze sprechen konnten. Es war das letzte Mal, dass ich ihn lebend sah.

Hans Seiler

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