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Alle Maikäfer-Flugjahre wieder:

Chemische Keule im Hardtwald?

Mehrere Monate vor der diesjährigen Maikäfer-Flugzeit hat die Landesforstverwaltung (LFV) und die Forstdirektion Freiburg sowie die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg (FVA) die Ergebnisse der umfangreichen Probegrabungen vom Herbst letzten Jahres ausgewertet. Man kam zum Entschluss, dass im Karlsruher Hardtwald eine großflächige Bekämpfungsaktion per Hubschrauber mit dem Insektizid Dimethoat durchgeführt werden soll.

Beim zuständigen Ministerium für Ernährung und ländlichen Raum Baden-Württemberg (MLR) und bei anderen Stellen fanden diesbezüglich Besprechungen statt. Der Landesnaturschutzverband B.-W. und die Hardtwaldfreunde e.V. (HWF) Baden-Württemberg wurden beteiligt. Für sie stand von Anfang an fest, dass sie einer solchen massiven chemischen Bekämpfungsaktion nicht zustimmen.

Die LFV hat beim Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz in Bühl (ILN) eine FFH-Verträglichkeitsstudie in Auftrag gegeben. Ein Mitglied der GRÜNEN-Landtagsfraktion hat bei der Landesregierung in Stuttgart mit einem fundiertenAntrag dieAblehnung des Gifteinsatzes beantragt.

Am 19.03.03 hat das MLR in einer Pressemitteilung (89/2003) Kund getan, dass "gegen Maikäfer im Hardtwald keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden." Die weitere Überschrift lautete jedoch: "Auf 170 ha Totalausfall der Waldbäume". Diese Zahl ist maßlos übertrieben. Als verständlicher Größenvergleich wären das über 200 Fußballplätze. Von einer einzigen kahlen Maikäferschadensfläche (mit einigen Kiefern und Traubenkirschen bestockt) westlich von Friedrichstal abgesehen, kann im gesamten Hardtwald nördlich von Karlsruhe nicht eine einzige Fläche in der Größe eines Fußballfeldes nachgewiesen werden, die von Engerlingen oder Maikäfern kahlgefressen und auf Dauer unbestockt geblieben wäre.

Die Maikäfer vermehrten sich in der Vergangenheit nie ins Uferlose. Es gab immer wieder natürliche Zusammenbrüche. Über viele Jahrhunderte gab es immer wieder Schadensflächen im Hardtwald, die von der Natur und den Forstleuten bepflanzt und betreut wurden. Deshalb sind bisher entstandene Wunden immer wieder ausgeheilt worden. Nun wird von verschiedenen Förstern behauptet: "das ginge heute nicht mehr, weil es viel zu teuer wäre und man dazu keine Arbeitskräfte habe". Was ist das für eine Einstellung? Ganze Förstergenerationen haben in der Vergangenheit solche Situationen unter weitaus schwierigeren Verhältnissen als heute gemeistert.

Bei den Probegrabungen im Herbst letzten Jahres gab es ganz wichtige Erkenntnisse: Seit Jahren wurde von offiziellen Stellen immer wieder behauptet, dass mit dem Beauveria-Pilz gegen Maikäfer im Hardtwald keine Erfolge zu erreichen wären.Allerhand Gegengründe wurden ins Feld geführt. Überall im Hardtwald nördlich Karlsruhes waren jedoch bei den Grabungen ca. 10% der gefundenen Käfer vom Pilz befallen. Westlich der Waldstadt wurden im Gebiet des Eichenschonwaldes "Wildpark" sogar über 30% befallene Käfer festgestellt.

Der zuständige Revierleiter und seine Waldarbeiter waren über jeden befallenen Käfer erfreut. Es war für sie ein Beweis, dass die Massenvermehrung der Käfer (Kalamität) ihren Höhepunkt erreicht und überschritten hat. Außerdem waren die Käfer allesamt kleiner als normal. Auch dies ist ein Zeichen des Zusammenbruchs.

Genau in dieser Eichenschonwaldfläche wurden im Jahre 1987 auf 40 ha versuchsweise Beauveria-Pilz mittels Hubschrauber ausgebracht. Außerdem wurden bei Pflanzungen an verschiedenen Orten Pilzmittel per Hand in die Pflanzlöcher eingebracht. Es ist doch erstaunlich, dass nach 16 Jahren (vier Maikäfergenerationen) der Pilz sich so positiv entwickelt hat. Deshalb dürfen die Probegrabungen auf keinen Fall eingestellt werden. Sie müssen zumindest in diesem Gebiet weitergeführtund wissenschaftlich ausgewertet werden.

Diese erfreulichen Fundergebnisse wurden selbstverständlich dem zuständigen Forstamt Hardt schriftlich gemeldet. Leider war nie zu erfahren, was aus dieser Erfolgsmeldung geworden ist. Die Verhinderung des Gifteinsatzes im Hardtwald ist als großer Erfolg zu verbuchen. Ein aufrichtiges Dankeschön an alle, die hierzu beigetragen haben. Natürlich gebührt auch Dank dem INL und den Verantwortlichen der Behörden, die letztendlich die richtigen Konsequenzen gezogen haben. Bleibt zu hoffen, dass der Hardtwald als wichtiges und lebensnotwendiges Naherholungsgebiet für die Bevölkerung der Stadt Karlsruhe und den umliegenden Hardtgemeinden sowie für die gefährdete Tier- und Pflanzenwelt auch künftig von der chemischen Keule verschont wird. Zwar könnten Haustiere und Menschen während der Begiftungsaktion vom Wald ferngehalten werden, das Wild und die von Erholungssuchenden gesammelten Pilze und Pflanzen würden dem Gift jedoch ausgesetzt werden.

Wilhelm Knobloch

Wilhelm Knobloch

Anm. der Red.: Der Verfasser des Artikels war als Zeitzeuge während fünf Jahrzenten und bei zahlreichen Maikäferbekämpfungsaktionen im Forstbetrieb tätig. Als Bewohner des im Hardtwald gelegenen Forsthauses war er gleichzeitig Betroffener.

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 2/03

Stand des Artikels: 2003! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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