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  VCD   

Finanzierung von Stuttgart 21 weiterhin unklar

Mitte September kam ich ins Stutzen: In einer Pressemitteilung (PM) unseres VCD-Landesverbandes hieß es: “VCD sieht sich bestätigt: Kein EU-Geld für Stuttgart 21”, während es aus dem Radio tönte, dass es EU-Zuschüsse für Stuttgart 21 geben solle. Empfing ich Nachrichten aus zwei unabhängigen Parallel-Universen?

Mit “Ich freue mich außerordentlich, dass der EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot bei der Vorstellung der Berichte zu den Europäischen Magistralen Unterstützung für die Ost-West-Magistrale Paris-Bratislava und damit für die Neubaustrecke Stuttgart-Ulm und Stuttgart 21 signalisiert hat.” wird Innenminister Heribert Rech zitiert. Im Radio blieb davon nur Stuttgart 21 übrig... VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb sagte dagegen in der PM des VCD: “Da der Bahnhofsumbau im Vergleich zur Neubaustrecke nach Ulm kaum Fahrzeitgewinne verspricht und unverhältnismäßige Kosten verursacht, ist er für die europäische Magistrale von Paris nach Bratislava kaum von Nutzen. Der VCD teilt deshalb die Einschätzung des EU-Koordinators Péter Balász, dass diese lokale Infrastrukturmaßnahme nicht von der EU bezuschusst werden sollte.”

Im EU-Bericht selbst ist zu lesen: “Drei Abschnitte stellen Engpässe dar: Baudrecourt-Vendenheim (Vogesen), Stuttgart-Ulm (Schwäbische Alb), St. Pölten-Wien (Wienerwald). Es wird eine gemeinschaftliche Kofinanzierung empfohlen.” Für sie ist ein EU-Zuschuss von zusammen 600 Millionen Euro vorgesehen. Sie werden unter Punkt 3.1 explizit als Durchgang durch die Mittelgebirge definiert. Kopfbahnhöfe und Flughafenanbindungen werden unter Punkt 3.2 und 3.3 behandelt. Wie kann das Land daraus so optimistisch ableiten, dass der Zuschuss Stuttgart 21 gelten würde? Ich würde eher rauslesen, dass der Zuschuss vorrangig an der Strecke über die Alb hängt, für die aber weder Planung, noch Finanzierungsantrag an die EU fertig ist...

Nach schlechten Erfahrungen mit aus dem Ruder laufenden Kosten bei DB-Projekten wie Köln-Frankfurt, Leipziger Citytunnel oder Hbf Berlin bremste nun auch Bundesverkehrsminister Tiefensee beim Spitzentreffen mit DB-Chef Mehdorn und Ministerpäsident Oettinger am 23.10. Während Tiefensee sich klar hinter die Strecke nach Ulm stellte, forderte er für Stuttgart 21 weitere Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen. Während das Land die Finanzierung weiterer Planungskosten für Stuttgart 21 als Erfolg für dieses Projekt feiert, sieht der VCD das Scheitern des Projektes: “Was in bisher 12 Jahren nicht wirtschaftlich gerechnet werden konnte, wird auch bis zum nächsten Spitzentreffen im Frühjahr kein rentables Projekt sein.”

Das Festhalten des Landes an Stuttgart 21 gefährdet nicht nur die Realisierung der anschließenden Neubaustrecke, sondern den gesamten Nahverkehr im Land, da neben Bundes- und EU-Zuschüssen auch Regionalisierungsmittel im Projekt versickern sollen, mit denen eigentlich Zugleistungen bestellt werden. Eine offene Frage sei weiterhin, wieso eine nachweislich leistungsfähige und kostengünstige Variante wie das VCD-Konzept “Kopfbahnhof 21” nicht dem Tunnelbahnhofkonzept vorgezogen werde, der mit nur acht Gleisen und langen unterirdischen Zulaufstrecken weniger flexibel, dafür aber deutlich störungsanfälliger sei. VCD-Vorsitzender Matthias Lieb: “Ich verstehe nicht, warum mit Stuttgart 21 ohne Not der erfolgreiche 3-Löwen-Takt, ein fahrgastfreundlicher integraler Taktfahrplan nach dem Vorbild des Bahnmusterländles Schweiz, aufgegeben wird. Der Stuttgarter Bahnknoten muss vor allem gute Umsteigemöglichkeiten und zuverlässige Anschlüsse bieten, um dem Schienenverkehr im ganzen Land zu nutzen.” Dies sei nur bei einem modernisierten Kopfbahnhof, nicht aber bei Stuttgart 21 gewährleistet. “Kopfbahnhof 21 bietet eine hervorragende Anbindung sowohl des Landesflughafens als auch der Neubaustrecke und setzt fast genauso viele Flächen zur städtebaulichen Entwicklung frei wie Stuttgart 21.”

Die Pressemitteilungen beider Seiten kann man unter vcd-bw.de/presse/ bzw. innenministerium.baden-wuerttemberg.de nachlesen, Projektinfos unter stuttgart21.de bzw. vcd-bw.de/themen/s21.

Heiko Jacobs

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 3/06

Stand des Artikels: 2006! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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